Heute also wieder ein Wirecard Termin im Stadelheimer Untergrundsaal bei schönstem, sonnigem Spätsommerwetter draussen in der Pause.
Gestern gab es zwei Bank-Manger als Zeugen, die Wirecard jeweils 100 Millionen € Kreditrahmen gaben. Man hatte sich bei diesen 2 Banken bei deren Kreditvergabe natürlich auf die BaFin verlassen, man konnte die Kredite dort zeitnah abstossen/abschreiben.
Heute befragt der Oberstaatsanwalt Bühring den ganzen Tag den ehemaligen Chefbuchhalter von Erffa bezüglich dessen Darlegungen der letzten Wochen.
Der Wirecard Staatsanwalt geht sehr detailliert in buchhalterische Sachverhalte ein und will wissen, warum/wie von Erffa das TPA Geschäft genau verbuchte, wirft ihm zumeist vor, ohne Abrechnungen gebucht zu haben.
Von Erffa erklärt zumeist, dass er eine Differenzbuchung ausführte und die Saldenbestätigungen, die abgeglichen wurden durch mehrfache von Treuhänder und TPA Abrechnungen, verbuchte.
Der Wirecard Staatsanwalt befragte gestern sehr detailliert, u.A. über Softwareverträge, Wertberichtigungen, Group Risk, Treuhandkonten und deren Verbuchungen.
Etwas länger wurde von Erffa befragt bezüglich einer Umbuchung von ursprünglich 120 Millionen von einem Treuhandkonto, wobei 35 Millionen rückgebucht wurden im 3 Quartal. Die Verbuchung erschien dem Staatsanwalt sehr unschlüssig.
Von Erffa erklärte hier, dass er mehrere Quellen der Salden hatte, es wurde von Konto a nach b gebucht, das Treuhandkonto von Senjo habe sich um Betrag x reduziert und gleichzeitig das Wirecard Forderungskonto der TPA erhöht, er wollte das nicht buchhalterisch, sondern den Endstand darstellen.
Zudem wurde am 31.12. der physischer Buchungssatz im System gemacht und nicht am Tag des Umbuchens, weil von Erffa keine Kontoauszüge bekam.
Dem Wirecard Oberstaatsanwalt schien das nicht schlüssig, er teilte daraufhin direkt an von Erffa gerichtet mit, Zitat, "also Herr von Erffa, die rudimentären buchhalterischen Kenntnisse die ich habe, schreien AUA".
Von Erffa teilte weiter mit, dass er "nicht weiss und somit nicht sagen kann, wie Treuhändler uns bei Wirecard Salden genau mitgeteilt hat".
Der Oberstaatsanwalt erklärte nochmal, dass es eine Einzahlung "120 Millionen gab, davon gehen 35 wieder raus im selben Quartal, d.h. es gab eine Einnahme von 85 Millionen, wieso sei dies ein negativer Cashflow" für von Erffa ?
Von Erffa teilt mit, der Ausdruck "negativer Cashflow" sei missinterpretiert worden, er wollte damit aussagen, das der EBIT durch Cashflow ist unter eins sei, somit gab es mehr Gewinn als Cash-In, ein Cashflow der unterhalb des EBIT sei.
Der Wirecard Oberstaatsanwalt befragt von Erffa nun weiter bezüglich des MCA Geschäfts und warum man dies überhaupt nicht nur mit oCap, sondern auch noch mit Payeasy durchführte.
Von Erffa erklärt, dass dies in 2018 "gross gehyped wurde in der Hauptversammlung, es gab eine Präsentation von Investor Relationship, Marsalek sei der Förderer gewesen". Dies MCA wurde auch in der Bank aufgesetzt, Steidl sei für die Technik zuständig gewesen.
Es gab dann aber Probleme, weil die Bank unter Rainer Wexeler sich entschied, ein anderes IT-System zu nehmen, Dinge wurden deshalb "nach hinten verschoben".
Der Wirecard Oberstaatsanwalt sagt weiter, von Erffa habe den Vertrag mit unterschrieben, warum wurde mit Payeasy so ein Vertrag gemacht, "wieso sollten die das auch können, wieso wurden nicht weitere oCap Finanzierungsverträge gemacht" ?
Von Erffa meint, "Marsalek habe das MCA Geschäft getrieben, es wurde sehr plausibel das Produkt erklärt und was Thema des Meetings war. Herr Holten und der CFO waren involviert". Es gab Gruppenmeetings, Dinge wurde dargestellt von von Knoop, es sollte ein Ertrag von 10 Millionen pro Quartal dadurch erwirtschaftet werden. Finanziert werden sollte es aus freiwerdenden Sicherheiten.
Weiter wird von Erffa gefragt, ob er wusste, dass Payeasy ja noch gar keinen Wirecard Treuhandvertrag hatte in 2018.
Von Erffa: "Dies wurde bereits länger vorher erwägt. In dem MCA-Zuge wurde dann das Treuhandkonto endgültig angelegt, welches vorher schon diskutiert wurde".
Von Erffa sagt nun wohl den Schlüsselsatz: "Es gab einen Kompromiss zwischen Sicherheit einerseits und Reduktion der Sicherheit für ein neues Geschäftsfeld".
Von Erffa teilt weiter mit, dass "das ganze MCA Geschäft nicht Teil der Buchhaltung war" (!).
Der Wirecard Oberstaatsanwalt lässt nicht locker, er sagt mit Blick auf von Erffa: "Sie haben den Vertrag mit unterschrieben".
Von Erffa teilt erneut mit, dass der "Vertrag vom Vorstand als strategisches Interesse beschlossen wurde, dies war nicht meine Kompetenz, meine Unterschrift erfolgte aufgrund der Vorstandsweisungen".
Es gab laut von Erffa zudem "zwei verschiedene Zeitpunkte, an denen der Vertrag bei uns aufgeschlagen ist", auch das Produkt selbst wurde im 3. Quartal neu aufgeteilt.
Bezüglich einer Rückdatierung des Vertrags meinte von Erffa, dass er seine "Unterschrift geleistet hat, wann nachträglich das Datum ergänzt durch meine Assistentin kann ich nicht genau sagen". Sowas erfolgte weitgehend autark ohne sonderliche Prüfungen seinerseits sofern einmal unterschrieben.
Weiter geht es mit den Wirecard Treuhandkonten, wo von Erffa weitgehend eine Liste von Herrn Franke hatte.
Der Oberstaatsanwalt wirft von Erffa vor, das dies "kein Buchungsbeleg ist, sie buchen 1/2 Jahr später irgend welche Sachen, müssen mehrfach nachfragen, nehmen dann ein halbes Jahr später Buchungen vor, ohne das Belege vorlagen sind".
Von Erffa erklärt, es gab Prozesse, dies sei aufgrund der Saldenbestätigungen, die er bekommen habe von zwei Seiten: TPA und Treuhänder, aufgrund welcher die Endsalden gebucht wurden; "wir hatte genauso wie vorher besprochen ein Endsaldo gehabt, dies wurde auch nicht vom Wirtschaftsprüfer angemahnt".
Der Wirecard Oberstaatsanwalt wirft nun von Erffa vor: "Sie waren Chef der Buchhaltung".
Von Erffa gibt ruhig an, dass er bei bilanzwichtigen Dingen stets Rücksprache mit dem CFO gehalten hatte, er sei "zwar Chef der Buchhaltung, aber nicht Chef der Buchhalter".
Der vorsitzende Wirecard Richter sprang manchmal ein und warf von Erffa vor, dass "alles auf Zuruf erfolgte, auch die Saldenbestätigungen" und dass von Erffa "sich hier herausreden wolle aus seiner Verantwortung".
Von Erffa betonte merfach wie bereits zuvor, dass er damals nie Zweifel hatte, dass das Geschäft wirklich so existierte.
Zu beobachten war ein ausgesprochen ausgeprägtes Unverständnis sowie eine immense Erfahrungslücke bei den justiziären Wirecard Vertretern aus Deutschland wenn es darum geht, Geschäftsmodelle zu betrachten, die in hochgradig turbulenten Umfeldern agieren, welche auf eine frühzeitige, auf die ZUKUNFT HIN AUSGERICHTETE ERSCHLIESSUNG VON KOMPLETT NEUEN MÄRKTEN zielt.
Dies scheint ein Resultat davon zu sein, dass man besonders in D und #Europa die IT-Revolution der letzten 30 Jahre weitgehend unternehmerisch verschlafen hat.
Es gab eine Reihe von weiteren, nicht unwichtigen Wirecard Sachverhalten in der Befragung des ehemaligen Chefbuchhalters von Erffa durch die beiden Staatsanwälte aus München gestern.
Bei Bedarf bitte 📨 DM.