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Geldwäsche ist nicht mein Ding
Über die Commerzbank und gekündigte Wirecard-Kredite
 
 
 
 
 
 
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Zeugenvernehmung der Zeugen Dr. Marcus Chromik und Jana Eib vom 27. Juni 2024.

Die hier aufgeführten Sachverhalte garantieren nicht für ein vollständiges Protokoll der Vernehmung, sie dienen der detaillierten Einsicht in die Vernehmung von Wirecard Zeugen. Aufgrund der komplexen und manchmal verbal zügig vorgetragenen Fragen und Zeugendarlegungen könnten sich kleinere Fehler eingeschlichen haben. Bitte kontaktieren Sie uns unter news@sun24.news, sollten Sie Verbesserungen haben oder wichtige Erweiterungen vorschlagen können.


Der frühere Risikovorstand der Commerzbank Marcus Chromik wird nach Einlassung zeitnah nach den Sachverhalten um die Geldwäsche-Anzeigen gegen Wirecard von 2019 befragt. Ob er davon wusste, fragt der Richter ? Ja, teilt Chromik mit, er habe von einer "künstlichen Aufblähung in Singapur nach HINWEISEN (!)" erfahren, entdeckt wurden die auffälligen Transaktionen tatsächlich von Frau Eib, die später als Zeugin aussagen wird. Man habe nach Hinweisen große SPIs entdeckt, die betreffenden Firmen benutzten dabei alle die exakt gleiche Firmenadresse.
Chromik erklärt weiter, dass nach einigen wenigen auffälligen Transaktionen 10 bis 15 weitere solcher mutmaßlichen Geldwäschetransaktionen gefunden wurden, es wurde die Compliance-Abteilung der Commerzbank zügig eingeschaltet, auch um herauszufinden, ob eine Vortat vorlag und der Tatbestand der Geldwäsche zutreffe. Es sei eine "kritische Situation" gewesen. Deshalb gab es auch Gespräche auf Vorstandsebene der Commerzbank, dies laut Aussagen des Zeugen mit Herrn Reuter. Die Compliance-Abteilung der Commerzbank übermittelte Anfragen an die Kunden und auch an Wirecard, die Reaktionen waren "unzufrieden", weshalb man selbständig SARS gepeilt und dabei um die 1000 Geldwäsche-Transaktionen habe ausfindig machen können.
Ein größeres Set dieser Geldwäsche-Transaktionen wurde an Wirecards Firmenzentrale in Aschheim übermittelt, wegen des Tipping-Off Verbots musste dies alles geheim gehalten werden. Man eruierte zeitnah auf Commerzbank-Vorstandsebene, die Geschäftsbeziehung mit Wirecard zu beenden wegen dieser Sachverhalte, man plante einen sog. "Soft Exit". Der Richter fragt an, ob man mit Wirecards CEO Dr. Braun diesbezüglich gesprochen habe. Der Zeuge gibt an, dass man ein Treffen und Gespräch mit Dr. Braun und Herrn von Knoop mit dem Zeugen und Commerzbank-Vorstand Reuter hatte. Dort wurde dargelegt, dass man "schnell die Informationen zu den Fragen" der Commerzbank erhalten wolle. Diese Beantwortungen seien laut Darlegungen des Zeugen "unzufriedend gewesen".
Der Zeuge mahnt an, dass die Compliance-Abteilung der Commerzbank nicht mit der Compliance-Abteilung von Wirecard kommunizierte, sondern mit deren Treasury-Abteilung. Auf die spätere Frage des Richters, ob Chromik gewusst habe, dass man lediglich eine richtige Compliance-Abteilung bei der Wirecard-Bank, nicht aber beim Konzern hatte, verneint dies der Zeuge. Es wurde zügig klar für Chromik, dass "man die Kundenbeziehung mit Wirecard beenden sollte", als man aus dem Vorstandsgespräch herausging.
Chromik erläutert weiter, dass es "zu diesem Zeitpunkt das Wirecard-Testat der Abschlussprüfer für 2018 gab und Mitte 2019 auch das Leerverkaufsverbot der BaFin". Es gab Strafanzeigen gegen Presseartikel der FT, zudem gab es zuvor nie die Situation eines "Exit eines DAX-Unternehmens seitens der Commerzbank". Chromik teilt mit, dass "wir deshalb nicht wussten, ob wir komplett falsch oder richtig lagen" mit der Entscheidung einer Beendigung der Kundenbeziehung zu Wirecard, man "wollte nicht die Deppen sein", weshalb es kein hartes Ende der Beziehung gab. Der Richter fragt an, ob Chromik mit den tatsächlichen Finanztransaktionsdaten konfrontiert wurde, seien es 1000 oder doch nur 344 solcher Transaktionen gewesen ? Chromik verneint, er habe diese nicht detailliert eingesehen.
Der Richter wirft ein Dokument vom 25. März 2021 auf den Projektor, eine Darlegung seitens der Commerzbank für den Münchener Oberstaatsanwalt Bühring, dort wird angegeben, dass 344 Transaktionen gefunden wurden. Chromik teilt nun durchaus essentiell wichtig aber eher kurzatmig mit, dass man "am 26. Februar 2019 insgesamt 344 Transaktionen gefunden habe, später kamen weitere dazu", wohl so um die 1000 total, der Zeuge "weiss das nicht mehr so genau". Der Richter eruiert nun, dass mehrere Strafanzeigen wegen dieser Transaktionen in Aussicht gestellt wurden, war dies wegen zu wenig Compliance bei Wirecard ?
Chromik teilt mit, es gab in 2018 die Nachricht bei der Commerzbank Compliance, dass sich die Compliance bei Wirecard verbessert habe und weiter verbessern werde. Dies sei jedoch "nicht geliefert worden", es hätten sich "die falschen Menschen bei Wirecard gemeldet bezüglich der Geldwäsche-Anfragen", für ihn sei eine Compliance dort nicht vorhanden gewesen. Der Richter fragt nun an, ob es also den beabsichtigten "Soft Exit" der Commerzbank wegen fehlender Compliance bei der AG oder bei der Bank gab ? Chromik weicht hier eher der Frage aus, antwortet etwas unklar. Dies wird noch deutlicher, als der Richter anfragt, ob Chromik wusste, dass es eine Geldwäsche-Abteilung bei der Wirecard-Bank gab mit den entsprechenden Prozessen gab ? Auch hier weicht der Zeuge in den Antworten aus, beantwortet diese nicht klar und deutlich, er könne "dazu nichts sagen, er war nicht bei Commerzbanks Compliance-Abteilung angesiedelt" gewesen, so Chromik.
Ob Chromik wusste, dass es Liquiditätsprobleme bei Wirecard gab ? Der Zeuge antwortet: "Nein, nicht dass ich mich erinnern kann". Der Richter fragt weiter, wenn es das Drittpartnergeschäft nicht gegeben hätte und auch nicht die Treuhandkonten, hätte man dann auch die Kredite auf Seiten der Commerzbank nicht bewilligt ? Chromik antwortet unverzüglich, klar und deutlich: "Natürlich nicht", dies hätte zwischen 50% und 70% des Umsatzes bei Wirecard ausgemacht. Der Richter gibt nun an, dass nach seinen Informationen bis 2018 insgesamt 910 Millionen Euro an Krediten für Wirecard bereitgestellt wurden. Ob dies so sei ? Chromik bejaht, er teilt mit, dass letztlich so um die 200 Millionen Euro Verlust durch eine schleichende Weiterführung der 1,75 Milliarden Kreditlinie für Wirecard eingefahren wurde.
Der Richter fragt weiter an, ob es nach dem Zusammenbruch von Wirecard noch Zahlungen an die Commerzbank gab. Chromik teit mit, er war schon "nicht mehr in der Betreuung" zu diesem Zeitpunkt, dies hätten "Spezialisten übernommen". Die Kreditforderungen wurden komplett abgeschrieben, weiter laufe ja auch das Insolvenzverfahren noch, so der Zeuge. Ob der Zeuge Herrn von Erffa einmal kennengelernt habe ? Chromik: "Nein". Die Befragung des Richters ist jetzt beeendet, die Verteidigung von Herrn von Erffa übernimmt und fragt an, ob Chromik sich mit dem Artikel des Manager Magazins mit dem Titel "Das 250 Millionen Euro Rätsel des Börsenwunders Wirecard" von 2017 beschäftigt habe, dort wurde bereits gute zwei Jahre vor den Geldwächetransaktionen ein Bilanzproblem mit den Drittpartnern und den Treuhandkonten ausführlich beschrieben.
Der Zeuge verneint, er kenne den Artikel nicht wirklich. Inhaltlich hätten "sich die Spezialisten mit der Sache beschäftigt, sicher auch mit den Treuhandkonten". Er würde sich "kreditmateriell auf eine testierte Bilanz verlassen" und nicht die einzelnen Cashpositionen eruieren, wie und woher diese sich zusammensetzen würden. Chromik teilt mit, er würde "nicht in die Konten schauen ob dort Geld liegt oder nicht, dafür seien die Wirtschaftsprüfer da". Von Erffas Anwalt fragt weiter an, ob und inwieweit der Zeuge Wissen habe über die Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft München und der Meldung bei der BaFin bezüglich der Geldwäschetransaktionen. Chromik gibt an, er habe Kenntnisse von Meldungen bei der FIU und bei der BaFin gehabt, mehr nicht. Er kenne auf Nachfrage explizit nicht die Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft.
Von Erffas Anwalt lässt nicht locker und fragt weiter an, ob Chromik irgend eine Reaktion von der BaFin erhalten habe, oder davon wisse. Chromik antwortet jetzt sichtlich kurz angehalten, sich in seinen Stuhl weg vom hinter ihm sitzenden von Erffa und wieder zurück zur Richterriege drehend: "Ich nicht, Geldwäsche ist nicht mein Ding, da müssen Sie selbst nachschauen". Von Erffas Anwalt fragt abschliessend, ob für Chromik die Reaktion der BaFin in Ordnung war. Chromik antwortet, er "habe keine Ahnung". Dr Braun fragt danach persönlich an, ob Chromik von einer Nachricht der Wirecard-Digitalleiterin vom 11. März 2019 wisse, darin richte diese sich bezüglich der 344 Gedlwäschetransaktionen an die AML-Abteilung. Chromik verneint, er sei "operativ nicht zuständig gewesen", dies passe aber durchaus vom Zeitfenster her.
Die Verteidigung von Dr. Braun verliest vor der Mittagspause einen Beweisantrag, es geht um die PR-Mitarbeiterin Schlesiger. Diese habe angegeben, Presseanfragen zumeist um Dr. Braun herum an Jan Marsalek weitergeleitet zu haben, fertige Pressetexte seien teils nach Veröffentlichung an Dr. Braun kurz per Email bestätigt worden. Dazu werden Emails mit Frau Stöckl, Schneider, Franke von zumeist 2019 beantragt, per Urkunde dem Gericht zu verlesen. Dr. Braun sei nicht federführend in Anfragen gewesen, insbesondere in Reaktionen auf die FT Berichte habe Jan Marsalek dies übernommen. Dr. Braun habe Frau Schlesiger zudem angeraten, eine Auszeit zu nehmen, als diese kündigen wollte und vorgeschlagen, danach eine neue Position bei der Wirecard für sie zu finden. Chromik wird danach aus der Zeugenvernehmung entlassen.





Nach der Mittagspause wird Diplom-Wirtschaftsjuristin Jana Eib als Zeugin aufgerufen, seit 2001 bei der Commerzbank, wo sie das Kreditgeschäft kennenlernte. Ab 2003 war sie dort bei der sogenannten "Intensive Care" Abteilung, wo man notleidende Kredite und deren Kunden betreute. In 2016 wechselte sie zur Fraud-Abteilung der Commerzbank. Nach Hinweisen werden dort Kreditbetrug und verdächtige Kunden untersucht. Ab 2019 war sie Abteilungsleiterin für das gesamte Team dort, seit März 2021 ist sie Bereichsleiterin für das Kreditrisikomanagement und betreut zumeist kleinere Firmen.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit kam im März 2018 eine Anfrage an sie bezüglich Wirecard. Ein Herr Zander sei ihr Bereichsleiter gewesen. Die Revolving Credit Facility der Commerzbank habe eine Erhöhung des Kreditrahmens für Wirecard in Höhe von 1,75 Milliarden Euro erwogen, deshalb habe man sie aufgefordert, sich das gesamte Geschäftsumfeld von Wirecard genauer anzusehen. Somit gab es bereits vor dieser Zeit Kredite oder einen Kreditrahmen der Commerzbank für Wirecard. Der Richter fragt an, was genau sie da untersucht habe.
Zeugin Eib gibt an, dass ihr Prozess drei große Kategorien von Tätigkeiten umfasste. Erstens untersuchte sie die Unternehmenstruktur und deren Verflechtungen, welche Personen und Gesellschafter waren involviert, gab es Negativmeldungen über Personen und angegliederte Unternehmen. Zweitens wurden die Offenlegungen untersucht, welche Finanzdaten lagen vor, Abschlüsse, Zahlen. Drittens wurde von ihr eine Analyse des Zahlungsverkehrs durchgeführt, hier insbesondere wichtige Konten bei der Commerzbank und auffällige Zahlungen in Bezug zu diesen.
Der Richter fragt an, ob diese Themenfelder durch die Commerzbank selbst abgedeckt wurden, oder ob man auch externe Berater einstellte. Die Zeugin gibt an, dass man alles selbst intern durchgeführt habe, man arbeite mit einer Auskunftei, um Auskünfte einzuziehen. Wie genau man sich das vorstellen müsse, fragt der Richter an, würde man Googeln und sich bei Facebook und anderen informieren in welcher Partei man gelistet sei ? Eib antworte, man würde alles Mögliche unternehmen, dazu gehöre eine Auskunftei und spezielle Software-Tools, Handelsregister-Verflechtungen, klassische Internet-Recherche, Offshore-Datenbanken, Panama Papers, Recherche, ob dort Personen gelistet sind.
Der Richter fragt an, welche Personen man in Bezug zu Wirecard untersucht habe. Eib teilt mit, sie habe zum Beispiel Dr. Braun und Jan Marsalek untersucht, aber auch andere. Sie habe eine Verflechtungsanalyse durchgeführt, diese habe kaum Auffälligkeiten in Bezug auf die beteiligten Personen erbracht. Dies sei jedoch anders gewesen, als sie die beteiligten Firmen untersucht habe. Dies insbesondere mit Bezug zum Hermes-EMIF-Indien Deal von Wirecard von 2015 - 2016, dem Projekt Peacock.
Beim Projekt Peacock hatte Eib eine gut recherchierte Analyse einer investigativen Foundation hinzu genommen, die einen weiteren Bericht in 2018 ablieferten. Auffälig sei geworden, dass Hermes Tickets als Hauptakteur ein Jahr zuvor zu einem wesentlich günstigeren Preis angeboten wurde. Von Wirecard-Seite wurde ein großer Deal in Höhe von 340 Millionen Euro angekündigt und da die Commerzbank mit der Brückenfinanzierung beauftragt war, wurde die Finanzierung des Deals genau unter die Lupe genommen. Als Ergebnis kam heraus, dass deutlich erhöhte Kreditmittel von Banken abgerufen worden sind, es tat sich der Verdacht auf, dass Teile von Wirecard im Zusammenwirken mit dem im Hintergrund agierenden Fonds EMIF direkt profitierten. Es stellte sich die Frage nach der Werthaftigkeit des Assets, die Verbuchung des Geschäfts und der Firmen hatte 265 Millionen in die Bilanz der Wirecard gespült.
Der Richter fragt an, worauf sich das begründe. Eib gibt an, sie habe versucht, "die Vorwürfe diesbezüglich in der FT-Alphaville-Reportage nachzuvollziehen, diese versucht zu reproduzieren". Aus den Jahresabschlüssen der GI Retail, die an EMIF und Hermes verkauft wurde, ergab sich, dass nach Umrechnung der indischen Rupien sich Erlöse in Höhe von 35 Millionen Euro ergaben. "Diese Preissteigerung fand ich außerordentlich", so die Zeugin. Sie habe diverse Fragen an die beteiligten Firmen gestellt, die "Antworten waren nicht überzeugend". Es gab den Verdacht, das Wirecard darin involviert war, konkrete Beweise gab es dafür nicht. Auch die Aussagen von Wirecard diesbezüglich waren für die Zeugin nicht überzeugend.
Der Richter fragt an, was genau Wirecard zu diesen Fragen geantwortet habe. Die Zeugin sagt aus, es habe eine Telefonkonferenz am 14. Mai 2018 gegeben, daran beteiligt waren Herr von Knoop, Herr Holten und Herr Koletzki. Man habe ihre vorab gestellten Fragen adressiert, dabei gaben die Verteter von Wirecard an, dass man nichts von dem vorherigen Verkaufpreis von Hermes Tickets an EMIF wusste. Man habe mit dem Fonds gesprochen, das Unternehmen zu kaufen, es hätte keine Kenntnis über den vorgelagerten Kaufpreis gegeben. Später soll dies auch Dr. Braun ähnlich geäußert haben.
Es wird nun gefragt, ob sich die betroffenen Wirecard-Mitarbeiter irgendwie betrogen gefühlt hatten damals. Eib teilt mit, sie sei "stille Zuhörerin gewesen" in der Telefonkonferenz am 14. Mai, sie hatte nicht diesen Eindruck. Aus ihrer Wahrnehmung heraus hatte man sich nicht betrogen gefühlt, in Erwartung des Einstiegs in den sehr großen und potentiell sehr profitablen indischen Markt sei dies damals so ok gewesen. Der Richter erinnert daran, dass Zeuge Marcus Chromik gestern bereits andeutete, dass er die Übernahme als zu kostenintensiv hielt und eine 'Abspaltung' einen höheren Preis rechtfertigen könnte, ob die Zeugin das so gesehen habe.
Eib erklärt, sie habe davon erfahren nach einem Commerzbank Treffen auf Management-Ebene vom 28. Mai, Chromik habe die Zeugin aufgefordert, einmal näher zu untersuchen, ob eine Trennung sinnvoll wäre. Die Zeugin gibt an, dies sei ihr damals schlüssig gewesen, sie konnte ferner herausfinden, dass EMIF Aktienanteile einer 'Orbit Travel' Gesellschaft hielt, nach einer Reorganisation konnten gewisse Kosten übertragen werden. Das Projekt Peacock war definiert, es war herauszufinden, welche Assets es beinhaltete, zu welchem Preis gingen Firmen an EMIF und danach zu Wirecard. Der damalige Travel-Bereich rechtfertigte dies nicht, dies habe die Zeugin nicht "übereinander gekriegt".
Der Richter hakt weiter nach. Eib erklärt, dass Hermes Tickets einen Verkauf vorgenommen habe, es habe eine Konzentration des Payments-Bereichs des Deals bei Hermes, Wirecard und Orbit gegeben, sie habe "kaum Transparenz wahrgenommen" insbesondere in Bezug zu Orbit Travel, es gab kaum Informationen darüber, welche Kosten übertragen wurden, sie verstand dass zumeist nicht (Anmerkung: Orbit Travel war damals geführt von Marsalek Freund A. Vucak, dessen Firma auch die Wohnung in der Prinzregentenstrasse 61 angemietet hatte). Der Richter mahnt an, dass Dr. Chromik dies alles schlüssig fand, der Richter habe aber Zweifel. Der Richter vermeidet es, nach den damaligen Personen hinter Orbit Travel einzugehen, driftet auffällig ab und fragt die Zeugin plötzlich stattdessen nach einem erhöhten Fraud-Score von 83 für Wirecard.
Die Zeugin erklärt, dieser Wert sei von mathematischen Modellen erstellt worden, die maschinenlernende Algorithmen beinhalten. Diese würden regelmäßig angestoßen, um Firmenportfolios zu bewerten, der höchste Wert sei 100. Sie habe sich regelmäßig solche Portfolios angeschaut, bei denen die Algorithmen einen Wert von 97, 98, 99 angaben, diesbezüglich gab es einen konkreten Auftrag der Kreditrisikoeinheit. Ein Wert von 83 sei erhöht, aber nicht sonderlich außergewöhnlich, sie habe sich auf die Analysen einigermaßen verlassen. Der Wert sei ein Anhaltspunkt dafür gewesen, wo sie regelmäßig habe prüfen müssen. Sie gibt weiter an, Chromik habe regelmäig die Korrespondenzbank als erhöht im Score angesehen.
Der Richter fragt nun an, Zitat, "dritter Punkt: MB Beteiligungsgesellschaft Kredit". Eib erkärt, sie habe in 2017 erfahren, dass es um 50 Millionen Euro ging, die von der Deutschen Bank kamen und noch am selben Tag auf ein Konto von Jan Marsalek transferiert wurden, welches mit einer Retail-Firma in Verbindung stand. Sie habe die Transaktion mit ihrem Ansprechpartner besprochen, es wurden zeitnah Telefonate mit Dr. Braun und Herrn Koletzki geführt, es gab Email-Konversationen auch mit Sylvia und Marlies Braun.

Nach den Erkenntnissen der Zeugin ging es um ein privates Projekt, dass Marsalek außerhalb der Wirecard anstemmen wollte, dies habe "etwas mit eCommerce und Retail zu tun gehabt", ihr wurde versichert, dass eine Due Diligence diesbezüglich im Gange sei. Die Investition wurde auf ein Treuhandkonto gesichert, so wurde ihr gesagt. Sie habe nicht damit gerechnet, dass das Geld zurückfliessen würde, später habe sie nachgeschaut und herausgefunden, dass 5 Millionen zurück überwiesen wurden, so die Zeugin.
Der Richter teilt mit, dass Dr. Chromik erwähnte, dass der Darlehensvertrag von Dr. Braun der Zeugin zur Prüfung vorgelegt wurde. Die Zeugin teilt mit, dass sie diesen erst später erhalten habe. Chromik habe sich an Dr. Braun gewandt, er wollte diesen zeitnah haben, diesen aber nicht unmittelbar erhalten, so die Zeugin. Sie teilt mit, sie habe dies aus einem Handelsblatt-Bericht von 2020 erfahren, dies damals zu den Akten gelegt und keine weitere inhaltliche Prüfung vorgenommen.
Sie erlärt nun in Bezug auf ihre dritte Fraud-Analysekategorie, dass sie sich auf solche Zahlenberichte konzentrierte, die sie selbst prüfen konnte. Sie habe sich die Jahresabschlüsse angeschaut aber da nichts Bedeutsames gefunden. Eine Bonität stand nicht in Frage, es wurde "da nichts angezweifelt, der Geamtumsatz erschien plausibel, die Antworten von Wirecard auf Fragen waren zufriedenstellend hier". Die Treuhandkonten habe sie nicht analysiert, dies war nicht Gegenstand der Fraud-Prevention. Der Richter hakt ein und teilt mit, dass sie ja die Bonität geprüft habe, 4 Milliarden in der Kasse oder zu Sicherungszwecken auf Treuhandkonten ja doch einen Unterschied machen würden.
Die Zeugin erklärt, sie habe die Trennung von Cash in der Kasse und auf Treuhandkonten nicht untersucht, man verlasse sich da auf die Wirtschaftsprüfer, dies könne Fraud-Prevention nicht prüfen. Der Richter fragt an, was die Analyse des Zahlungsverkehrs ergab. Eib teilt mit, dass sie sich auf die Hauptkonten der AG konzentrierte, die wesentlichen der Wirecard Bank, sowie die der MB Beteiligungsgesellschaft. Man habe besonders eventuell auffällige Zahlungen zum Bilanzstichtag untersucht, "hier war mir nichts aufgefallen, bis auf die 50 Millionen", so die Zeugin.
Die Zeugin war kurzfristig von der Tätigkeit entbunden, habe die Arbeit aber wieder nach den FT-Berichten um 2019 aufgenommen. Sie habe erneute Verflechtungs- und Zahlungsanalysen der Wirecard Bank mit den beteiligten Firmen durchgeführt. Ihr sei zunächst eine Inventures sowie eine Matrimonial Global Firma aufgefallen, es gab viele kleinere Transaktionen, die auffälig waren. Zahlreiche Unternehmen waren direkt verbunden mit einem Konto der PTE Limited in Singapur. Was die Zeugin unruhig machte war, dass die kleineren Unternehmen eine Rechtsform mit geringem Haftungskapital hatten, dies war ein Muster. Sie habe über dutzende Firmen Auskünfte eingeholt, ebenso über die beteiligten Personen, und herausgefunden, dass ingesamt 19 Firmen die exakt gleiche Geschäftsadresse der '111 North Bridge Road' in Singapur hatten.
Dazu kamen ungewöhnliche Ergebnisse über die beteiligten Personen, Manager und Secretaries: diese waren in allen möglichen Firmen in ihrer Funktion jeweils nur vertauscht, wie bei einem Netz von Scheinfirmen. Hinzu kamen recht hohe Zahlungstransaktionen von bis zu 50 Millionen Euro, diese betrafen auch Offshore-Orte. Die Wirecard war als Begünstigter mit dabei, viele aus dem Bereich Gambling und Adult Entertainment. Sie habe all diese Informationen an die Compliance-Abteilung der Commerzbank weitergeleitet. Dort wurden weitere Transaktionen identifiziert, die bis zum Jahr 2013 zurückgingen. Die Zeugin teilt mit, dass man "recht zügig im Februar 2019 eine Geldwäschemeldung an die FIU" weitergeleitet habe, in dieser ging es um ca. 350 Millionen Euro. Nach dieser Zentralmeldung folgten später weitere an die FIU, so die Zeugin.
Der Richter fragt nach, was aus diesen Geldwäsche-Anzeigen wurde. Die Zeugin erkärt, sie habe diesbezüglich bei der Compliance nachgefragt, es gab keine Resonanz. Es wurde mit ihren Ergebnissen ein Bericht zum 20. Februar 2019 angefertigt, am 3. April 2019 wurden diese Resultate drei Vorständen der Commerzbank präsentiert - Herrn Chromik, Herrn Reuter, Frau Orlopp. Dort wurde eruiert, die Kooperation mit Wirecard zu beenden, dies aufgrund der Konten. Der Richter fragt an, ob dies der genannte "Soft Exit" war, man das Kreditmanagement nicht verlängern wollte ? Die Zeugin erklärt, dies sei "erst später so im Mai erfolgt", sie sei nicht dabei gewesen. Es gab danach keinen weiteren Bericht von ihr.
Der Richter fragt an, ob das Drittpartnergeschäft ein Thema für sie gewesen sei ? Eib erkärt nein, dies sei lediglich durch die FT-Berichterstattungen an sie herangetreten. Die Verteidigung von Dr. Braun fragt an, ob die Liste mit suspekten Firmen in Bezug zur einen Geschäftsadresse in Singapur an die Wirecard weitergeleitet wurde. Die Zeugin verneint, man habe mehrere RFI (Requests For Information) insbesondere an die Wirecard Bank gestellt, die Antworten hier "waren aber nicht gut". Geantwortet hätten auf die RFIs der Commerzbank auf Wirecard Seite zumeist Herr Holten und Herr Kohlpainter. Oliver Bellenhaus habe sie nie kennengelernt.
Die Verteidigung von von Erffa fragt an, ob die Zeugin den Zweck der Ausleitung von Geldern auf Offshore-Konten herausgefunden habe. Eib teilt mit, sie wisse dies nicht. Sie wird weiter gefragt, ob sie auch bei der FIU nach der Initialmeldung nochmal nachgefragt habe bezüglich deren Reaktionen. Sie habe dort einmal nachgefragt. Die Staatsanwaltschaft München habe ein "Auskunftsersuchen nach dem Crash der Wirecard" an sie gestellt, vor dem Crash hatte sie Kontakt mit der BaFin, dies so im Januar 2020. Die BaFin wurde zu diesem Zeitpunkt bereits über die Ergebnisse der Fraud Prevention sowie der Compliance der Commerzbank informiert. Die Vernehmung der Zeugin endet danach.






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Dieser Artikel wurde vollständig von Martin D., akkreditierter, unabhängiger, investigativer Journalist aus Europa verfasst. Er arbeitet nicht für ein Unternehmen oder eine Organisation, das/die von diesem Artikel profitieren würde, er berät solche nicht, besitzt keine Anteile an diesen und erhält bis dato auch keine finanziellen Mittel von solchen.

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